oder wie man systematisch eine Schule schrottet.
Die Schule auf dem Mars war eine wunderbare Schule. Es gab zahlreiche gute Projekte und es wurde vieles ausrobiert. Der Schulleiter leitete in flachen Teamstrukturen, die KuK entschieden autonom und verantwortungsbewusst. Wir waren erfolgreich und hatten gute Laune. Ideen bekamen Rückenwind, kaum dass man sie ausgesprochen hatte und mit Lob wurde nicht gespart. Mehr kann man von einem Arbeitsplatz nicht verlangen. Geld gab es nämlich auch.
Dann machte sich der Schulleiter auf den Weg in den Ruhestand und der Stellvertreter war sein designierter Nachfolger. Man hatte ihn extra dafür vom Nachbarplaneten Jupiter geholt, alles schien klar. Wir haben alle gut mit dem Stellvertreter zusammengearbeitet. Und plötzlich sollte der dann nicht mehr Schulleiter werden. Das hat keiner verstanden und wir haben über ein Jahr lang für ihn gekämpft. Am Ende haben wir leider gewonnen und damit das Sterben einer sehr guten Schule eingeläutet.
Ich weiß mittlerweile mehr über narzisstische Störungen, als ich jemals wissen wollte. Was ich immer noch nicht weiß, ist, wie er es so lange verstecken konnte. Dass er ziemlich eitel war, das war schon klar, aber ich habe in Grenzen nichts dagegen, wenn jemand weiß, dass er gut ist. Falsche Bescheidenheit finde ich schlimmer.
Wir hatten also gewonnen, Alfons Mahlert wurde Schulleiter. Hier noch einmal der Hinweis, dass die Geschichten über die Schule auf dem Mars in der Provinz Absurdistan alle frei erfunden sind um meine LuL zu unterhalten. Nichts von dem, was ich erzähle hat jemals stattgefunden, denn das wäre ja auch absurd. Zum Glück ist die Erde, mit Ausnahme der Vereinigten Staaten von Amerika, vor so einem Schwachsinn geschützt, denn hier herrscht ja die Intelligenz.
Er wurde im Februar in sein Amt eingesetzt und Madrigal stand vor der Tür. Madrigal wird in Absurdistan die fünfte Jahreszeit genannt und ist ein interstellar bekanntes Volksfest von Verkleideten und Feierfreudigen, das am Madrigalsdonnerstag richtig an Fahrt aufnimmt. Wenig später erhielten wir Elektropost mit der Terminierung des Ausbildersprechtages. Der hatte stattzufinden am Madrigalsfreitag von 13 bis 18 Uhr mit Anwesenheitspflicht. Wir befanden uns in der Madrigalshochburg Flön. Alle Bildungsgangleiter hatten die Ausbildungsbetriebe am Telefon, die uns fragten, ob wir zu scherzen beliebten. Sie haben sich nicht wirklich so ausgedrückt, denn in Flön und im Stellarfahrzeuggewerbe herrscht ein rauer Ton. Sie fragten eher, ob wir das hintere Garagentor aufhätten und wenn ja, wie weit. Und ehrlich gesagt haben sie auch nicht von Garagentoren gesprochen.
Madrigal hat eine lange und eigentlich wunderbare Tradition auf dem Mars und besonders in Absurdistan. Es ist eine Zeit, in der die Ohnmächtigen sich über die Mächtigen lustig machen dürfen ohne Strafe zu befürchten. Für die Intelligenteren unter den Mächtigen ist es eine interessante Rückmeldung, aber mit denen hatten wir es zu dem Zeitpunkt leider nicht zu tun. Und ich habe zu dem Zeitpunkt noch daran geglaubt, dass das geht. Sich über die Mächtigen lustig machen und...
Im Zeitschriftenladen meines Vertrauens habe ich ein Postkarte gekauft.
Die habe ich auf DIN A3 kopiert und ein Plakat mit der Unterschrift Ausbildersprechtag 2009 daraus gemacht. Man hat es mir aus den Händen gerissen, es hing überall. Der Lehrerrat hatte interveniert um diese bekloppte Veranstaltung zu verhindern, aber der Schulleiter blieb stur.
Mahlert und ich haben lange ein gutes Verhältnis gehabt. Wir haben zusammen eine Bezirksfachklasse aufgebaut, die ein absolutes Erfolgmodell wurde. Schulgeschädigte in den ersten Arbeitsmarkt zu bringen, ist einfach eine gute Sache. In diesem Februar 2009 hat das Vertrauen noch ausgereicht um ihn aufzusuchen und ihn zu fragen, warum er das gemacht hat. Die Antwort lautete: Um zu zeigen, wer der Herr im Haus ist.
