Wenn es um so etwas Gigantisches geht wie "Wir werden jetzt Europa", müssen viele Menschen ihre Komfortzone verlassen. Fremdsprachen lernen ist ein langwieriger Prozess, der sehr viel geistige Arbeit erfordert. Sich einer anderen Kultur und ihren Gepflogenheiten zu stellen, zu entscheiden, welche man übernimmt und welche nicht, ist anstrengend.

Helene, eine meiner Abteilungsleiterinnen, weiß, dass nicht nur SchülerInnen sondern auch KollegInnen manchmal einen kleinen Schubs brauchen, um den Weg aus der Komfortzone heraus zu finden. Ihr ganz wesentlich zu verdanken ist, dass unsere Schule jetzt Europaschule ist. Daher ist der Blogpost heute ihr gewidmet.
Der kleine Film, den ich euch heute zeigen möchte, zeigt, dass auf allen Ebenen geschubst werden muss und dass interkulturelles Lernen (kennenlernen der Sitten und Gebräuche der anderen) genauso wichtig ist, wie die Sprache.
Kurze Vorbemerkung für nicht frankophile und -phone: Der Elyséevertrag ist die Grundlage der europäischen Verständigung. Er hat die Idee vom Erbfeind beendet. Der zweite Teil des Films ist auf Deutsch. Ich bitte daher um ein bisschen Geduld beim Ansehen. Oder ihr spult bis Minute 3:15 vor.
Adenauers Gesichtausdruck zeigt, wie im Bilderbuch, das, was viele Deutsche, Engländer und US-Amerikaner (bei anderen Nationen weiß ich es nicht) empfinden, wenn sie das erste Mal la bise machen sollen, den französischen Wangenkuss. Was? Wohin? Wie viele? Warum kommt er/sie mir so nahe? Ich will hier weg.
Ein kleiner Hinweis nach vielen Momenten ähnlicher Verlegenheit: Man fängt mit zwei bises an und folgt dann, wie beim Tanzen, dem der sich auskennt. Man küsst nie mit dem Mund auf die Haut, sondern immer in die Luft. Auf die Haut wäre zu intim. Grins.
Wenn man mit einer Gruppe SchülerInnen nach Frankreich fährt, sollte das vorher geklärt und am besten geübt werden und das auf die Gefahr hin Anrufe von empörten Eltern zu erhalten.
Im Gegenzug finden Franzosen und Französinnen es schrecklich in die Arme genommen zu werden. Der klassische germanische und angelsächsische Hug ist ihnen viel zu nah. Man kann es mit dem Bügelbrett mal ausprobieren, das Gefühl ist das gleiche.
Im ersten Teil des Filmes scheint es mir übrigens, als wollte der französische Protokollchef seinen Präsidenten Karl von Gallien aufhalten. Was seht ihr?
Der Elyséevertrag hat zum Glück trotzdem im Großen und Ganzen funktioniert. Und so lernen wir heute, dass es sich lohnt, die vielen kleinen peinlichen Momente auszuhalten, auch weil sie nicht sie nicht nur uns kleinen Würstchen passieren, sondern auch den großen Wurstproduzenten wie Karl und Konrad.