Nach dem dunklen Chaos meiner Kindheit habe ich ein starkes Bedürfnis nach Struktur und Klarheit entwickelt. Klarheit wird in unserer Kultur häufig mit Härte verwechselt, genauso wie Freundlichkeit mit Schwäche. Es ist nicht sehr populär Aussagesätze zu machen, ohne sie gleich wieder zu relativieren oder sie mit rheorischen Blümchen zu überstreuen, selbst wenn man den Inhalt zur Diskussion stellt. Das wirkt dann irgendwie so ernst und unharmonisch. Und das ist auch nicht populär.
In meiner Generation war Schubladendenken verboten, es galt als unreflektiert. Ich habe es heimlich trotzdem gemacht.
(Alles, was jetzt kommt bezieht sich auf meine erwachsenen Ansprechpartner, nicht auf die jungen Leute, mit denen ich beruflich zu tun habe.)
Das weibliche Geschlecht unterteile ich in Frauen und Hühner, das männliche in Männer und Deppen. Für Hühner und Deppen habe ich keine Zeit.
Zum Glück geben sich beide Gruppen schnell zu erkennen und danach verhalte ich mich etwas differenzierter.
Eine andere Unterteilung zu formulieren, hat in meinem Kopf viel länger gedauert. Ich konnte mir lange nicht erklären, warum, wenn zwei Menschen genau das Gleiche machen, es bei dem einen falsch und aufgesetzt wirkt und bei dem anderen, selbst, wenn die Präsentation holprig ist, berührend und glaubhaft.
Irgendwann auf einer der langen Autofahrten nach MonVillage hat es dann Klick gemacht.
Es ist der Unterschied in der Motivation, der Unterschied zwischen weil und damit. Der beste Anlass, etwas zu tun oder zu sagen, ist, wenn man einen Grund dafür hat. Das ist das Weil. Wer etwas sagt oder tut, Damit, verfolgt eine manipulative Absicht und das empfinden die Menschen drumherum meistens als unangenehm. Ein paar Beispiele habe ich mir natürlich auch überlegt.
Wenn in einer Konferenz jemand etwas sagt, weil er ein echtes Anliegen hat, wird man ihm/ihr wahrscheinlich zuhören. Wenn jemand etwas sagt, damit alle denken, dass auch er wie bekloppt über das Thema nachgedacht hat, verdrehen alle die Augen, weil es sich um Zeitverschwendung handelt.
Wenn ein/e Schüler/in sagt, dass er gerne in den Unterricht geht, kann man häufig hören, ob es stimmt oder ob es gesagt wird, damit man eine bessere Note gegeben wird.
Wenn eine Frau ein Kleid anzieht, weil es ihr gefällt und sie sich wohlfühlt oder damit alle an dem Abend sie ansehen und ihr Komplimente machen, ist es nicht die gleiche Party.
Wenn jemand an einer Schule ein Projekt übernimmt, damit die Schulleitung merkt, wie toll man ist und nicht, weil man es irklich machen möchte, gerät die Qualität der Arbeit aus dem Fokus und die Frage, ob die Schüler davon etwas haben, auch.
Es macht eben einen riesigen Unterschied, ob man von Gründen bewegt oder auf Wirkung bedacht ist.
Kommentare und ggf. Widerspruch sind ausdrücklich erwünscht. Ich denke gerne mit anderen Menschen über etwas nach. Habt einen schönen Sonntag.