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Wenn ich in meinem näheren Umfeld frage:

  • Kennst du Sempé, ist die Antwort häufig Nein.

Darum schreibe ich heute einen Blogpost über ihn, der getragen ist von Freude und Dankbarkeit. Sempé ist der Zeichner, der Der kleine Nick illustriert hat.

Dann gibt es doch eine ganze Reihe Leute, die sagen, ja, den kenne ich. Die Bücher sind bezaubernd. Der Texter der Bücher ist der große René Goscinni, der uns schon mit den Asterix-Texten seit vielen Jahrzehnten zum Lachen bringt. Bei Nicks Gesicht kann man das sehen, was mich an Sempé seit vielen Jahren begeistert: Er macht ein paar Striche und erschafft eine ganze Welt. Er macht überhaupt keinen Krach und, anders als Goscinni, lebt er dankenswerterweise noch. Darf ich vorstellen:

Jean-Jacques Sempé

Ich habe mir oft vorgestellt, wie Goscinni und Sempe kichernd in einem Pariser Café sitzen und arbeiten.

Sempé verdanke einen der schönsten Tage meines Lebens. Im Winter 2011/12 waren Heinz und ich zusammen in Paris. Ein Plakat wies darauf hin, dass im Hôtel de Ville (Rathaus) eine Sempé-Ausstellung stattfände, Eintritt frei. Er wird äußerst selten ausgestellt und wir waren erfreulicherweise mitten in der Woche da, wahrscheinlich Karneval. Freitag morgen habe ich mich strategisch in einem Cafe gegeüber des relevanten Eingangs positioniert, einen irrwitzig teuren und unglaublich leckeren Kaffee im Wintersonnenschein getrunken und die Schlange beobachtet. Es gab keine. Wir waren etwa zwanzig in der Ausstellung und noch nie war ich in einer Ausstellung, in der so viel gekichert wurde.

Video über die Ausstellung

Es lohnt sich, das Video anzusehen, auch wenn man nicht Französisch spricht, die Bilder sprechen für sich. Ich habe zum Glück den Ausstellungkatalog und das passende Video gekauft.

Wenn man jemanden vorstellen möchte, der seit 1950 kreativ ist, muss man sich entscheiden. Hier also ein paar zusammenfassende Bemerkungen zu einem unglaublichen Werk:

Sempé hat Aquarelle als Titelbilder für den New Yorker gemalt und war auch selbst dort. Es hat ihm nicht gefallen, er ist lieber in Paris.

Sempé ist sein Leben lang Fahrrad gefahren. Oder Bus.

Sempé zeichnet Paris aber sein eigenes. Wenn er ein Stück Paris braucht, zeichnet er es niemals ab, sondern erschafft aus seinen Eindrücken der Stadt einen neuen Ausschnitt. Aber man weiß aber immer sofort, wo man ist. Klar.

Sehr viele seiner Zeichnungen brauchen keinen Kommentar, aber wenn er seine Landsleute und ihre Schwächen zärtlich aufs Korn nimmt, gehört manchmal ein Satz oder ein kurzer Text dazu.

Die Bourgeoisie sind eine Lieblingsgruppe von Sempé. Wer hier mitliest, kennt meine Begegnungen mit dem Pariser Großbürgertum. Alle anderen können hier aufholen. Oder hier.

Und voilà mein persönlicher Favorit:

Sie können sich nicht vorstellen, was das gekostet hat.

Tiefgläubige Katholikinnen sind auch gerne dabei:

Jetzt sind Sie dran. (Wörtlich: Der Ball ist jetzt in Ihrem Feld.)

Und auch die Pariser Künstler- und Intellektuellen-Szene darf mitspielen.

Es ist sehr gut, was sie machen, aber Ihre Galerie liegt einfach sehr ungünstig.

Ich könnte noch hundert Stunden weiterschreiben. Von Sempé kriege ich nie genug. Aber heute ist schönes Wetter und ich geh jetzt noch ein bisschen draußen spielen.

Fortsetzung folgt, wenn ihr Lust habt.
Hildegard Wichmann

Hildegard Wichmann

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Bonn