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Letzte Woche sind die Mails nicht rausgegangen. Also versuche ich diese Woche noch einmal, diese Geschichte an die LuL zu bringen.

Photo by FuYong Hua / Unsplash

Ich bin immer wieder fasziniert, was bestimmte Männer für ein gelungenes Verführungszenario halten. Ich habe eine ganze Reihe Abende damit verbracht Männern beim Posen zuzusehen und zuzuhören. Sie haben stundenlang über sich selbst und ihre Heldentaten gesprochen und ich habe stundenlang gelächelt und meinen Unterricht für die nächste Woche geplant. So war dann wenigstens der Sonntag frei.

Häufig war die Überraschung groß, dass diese Form des gegeseitigen Kennenlernens nicht in der einen oder anderen Weise fortgesetzt wurde. Aber Jungs, jetzt mal im Ernst, das, was danach irgendwann früher oder später hätte folgen sollen, ist etwas, was man zu zweit macht, wenn es gut werden soll. Und wenn die Gespräche davor schon nicht zu zweit stattfinden, dann bin ich fähig zur Analogiebildung, stelle mir vor, wie die Fortsetzung aussehen könnte, ohne dass ich dabei berücksichtigt werde. Und dann gehe ich schwimmen. Das kann man sehr gut auch alleine.

Das war jetzt eine lange Einleitung.

Es ist Sommer und wir sind in Köln zum Essen verabredet. Er ist verheiratet und älter als ich. Er wohnt in Süddeutschland und wenn er im Rheinland ist, gehen wir regelmäßig zusammen essen. Ich mag unsere Gespräche und halte uns für Freunde, weil ich immer noch an Freundschaft zwischen Mann und Frau glaube.

Wir setzen kaum auf der Terrasse, als in relativ schneller Abfolge zwei Textbausteine von ihm kommen. Er ärgert sich, dass die Bedienung mich duzt und ihn siezt. Und er informiert mich, dass wir en bas de chez lui sind, sich das Restaurant also unterhalb seiner Kölner Wohnung befindet.

Photo by Jake Roxen / Unsplash

Ok, das habe ich glaube ich, richtig verstanden, oder was meint ihr Mädels? (Ich muss die Kommentarfunktion doch noch einschalten.) Ich bitte auf jeden Fall im Rückmeldung.

Es soll also heute in den zweiten Stock gehen und es folgt die Überleitung, das verbale Vorspiel, die Verführung. Grundsätzlich bin ich auf diese Weise eher nicht an ihm interessiert. Aber ich habe meine Meinung auch schon mal geändert und ich meine den Einfluss von Charme und nicht den von Alkohol.

Lasst also das Spiel beginnen. Und es beginnt wortwörtlich auf einem riesigen Fernseher, den ich bis dahin gar nicht wahrgenommen habe. EM oder WM, ich erinnere mich nicht, auf jeden Fall relativ fortgeschritten im Turnier. Das bindet einige Aufmerksamkeit seitens meines Gegenübers. Gut, reden wir über Fußball, wenn das für zielführend gehalten wird. Ich verwende hier das Passiv, weil ich nicht weiß, wer Fußball für ein gutes Thema in diesem Zusammenhang hält.

Das Essen ist gut, das ist doch schon mal was. Er hat mir oft erzählt, dass er Frauen auf ihren Wegen gerne unterstützt und fördert. Und er bekommt auch gleich Gelegenheit dazu. Denn seine Frau ruft an. In so einem Fall gibt es drei Möglichkeiten: nicht drangehen, sich kurz halten und ausführlich telefonieren. Er wählt die dritte, ich kann also in Ruhe vor dem Fernseher essen.

Und da ich neugierig bin, halte ich ein Ohr in das halbe Telefongespräch, das mir gratis zum Essen serviert wird. Sie befindet sich in ihrer Heimatstadt in Süddeutschland und ruft ihren Ehemann in Köln an, um ihn zu fragen, wie man sich in Tübingen ein Taxi nimmt.

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Photo by Austin Chan / Unsplash

Ich denke, das Gespräch hat gut fünf Minuten gedauert und ich habe nicht weiter zugehört. Aber ich habe eine leise Idee, was er an mir attraktiv finden könnte.

Ohne sich für die Unterbrechung zu entschuldigen nimmt er unsere ohnehin lahme Unterhaltung wieder auf. Aber es lohnt sich nicht, denn erstens wird das Fußballspiel jetzt spannend und zweitens ruft seine Frau noch zwei Mal an. Beide Male wird ausführlich geantwortet. Vielleicht ging es um die Fragen, ob sie sich rechts oder links auf die Rückbank im Taxi setzen soll und wie man den Haustürschlüssel ins Schloss bekommt.

Für mich ist der Abend beendet und ich plane die kommende Woche. Für ihn geht es jetzt in die entscheidende Phase. Er hat nicht mitbekommen, dass er jetzt alleine in  dem Spiel ist. Um jetzt zur Konkretisierung seines Vorhabens zu kommen, erzählt er mir, dass er eigentlich immer Parallelbeziehungen gehabt hat und dass das für alle Beteiligten immer ganz toll war.

Photo by Simone Secci / Unsplash

Ich verwende alle gesprächsverkürzenden Verfahren, die mir einfallen außer Kopfschmerzen. Er legt noch einen drauf für den Fall, dass ich zu blöd bin um sein Anliegen zu verstehen.

  • Wir können den Abend gerne oben fortsetzen.

Ich glaube ich habe doch Kopfschmerzen. Welcher Mann im Universum glaubt, dass eine Mischung aus Fußball, Telefonaten mit der Ehefrau und Erzählungen von früheren Verhältnissen irgendwie erotisierend wirken könnte?

Er bringt mich noch zum Auto, nimmt mich fest in den Arm und ich glaube er weiß nicht, was schief gelaufen ist. Vielleicht liest er irgendwann diesen Text, dann weiß er es jetzt.

Hildegard Wichmann

Hildegard Wichmann

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