(Paris ist nicht Frankreich)

ist ein Satz, den Franzosen in ganz Frankreich oft sagen und zum Glück haben sie damit recht. Ich muss immer grinsen, wenn Paris auf die Provinz trifft. Alles, was nicht Paris ist, ist zwangsläufig Provinz. Die Arroganz der Parisien ist nicht eingebildet sondern echt.

Die heutige Minigeschichte spielt in Bouganeuf. Voilà:

Jeden Mittwoch findet dort ein marché de producteur statt, der das Synonym für lecker ist.

Wir haben dort noch nie etwas gekauft, das nicht außerordentlich gut war. Und: meine Safrankrokuszwiebeln sind von dort.

Von MonVillage aus sind es 60 km, das ist ohne Autobahn eine sehr gute Stunde. Nach der Fahrt beginnt der Markttag also zwingend in dem kleinen Café oben rechts in der Ecke mit starkem Kaffee und Frühstück. Um die Ecke ist die beste Bäckerei der Welt und französische Cafés sind nicht zickig, was das Mitbringen leckerer Tüten angeht.

An diesem strahlenden Sommermorgen sind wir früh dran. Die Stühle und Tische sind feucht von der Nacht, aber die Sonne hat so viel Kraft, dass alle von ihr bestrahlten Möbel sofort trocken sind. Wir setzen uns auf ein Ensemble, das gerade abgetrocknet ist und freuen uns. Auf den Kaffee, auf den Inhalt der Tüte aus der Bäckerei, auf den Markttag, auf das herrliche Essen, das wir heute kochen werden und über das Leben im Allgemeinen.

Am Nebentisch gackert es. Eine Dame, die mir ziemlich Parisiennemäßig vorkommt, beschwert sich. Laut, mit hoher Stimme, und in ziemlich schnellem Sprechtempo. Die Tische und Stühel seien nass, man könne sich gar nicht setzen, UNMÖÖÖGLICH, schnautzt sie die nette Kellnerin an. Die tut nicht, was man von ihr erwartet. Sie stürzt nicht los und holt ein Tuch, um die Möbel abzuwischen.

Mais qu'est-ce que c'est? fragt die Parisienne genervt.

Das kann zwei Dinge bedeuten: Was ist das? und Was soll das hier?

Die Kellnerin dreht sich langsam zu ihr um, lächelt sie strahlend an und sagt:

C'est l'aurore, Madame.

Madame, es ist der Sonnenaufgang.