4 min read

Das Paris vor dem großen Umbau war ein Rattenloch. Nicht umsonst ließ sich Ludwig XIV im Süd-Westen der Stadt das Schloss von Versailles erbauen, denn er fand Paris doof. Es war eng, zu schnell gewachsen, zu voll und sehr dreckig, eine Stadt aus dem Mittelalter. Auf diesem Nährboden wuchsen Armut, Seuchen und Kriminalität.  Dummerweise starben an der Cholera nicht nur die Armen, damit hätte man ja leben können, sondern auch die Betuchteren. Das ging natürlich nicht.

Louis Napoleon, der französische Herrscher des 19. Jahrhunderts entscheidet sich für eine Operation am offenen Herzen. Sein rechter Arm dabei ist George Eugène Haussmann, ein Staatsbeamter. Dieser hatte in Bordeaux gelebt und dort die Proportionen zwischen Breite der Straßen und Höhe der Häuser gemocht. So viel Licht und Luft wollte er für Paris auch.

Eine der ersten Ideen bei der Neukonstruktion von Paris war die Verbindung der Bahnhöfe untereinander. In dieser Zeit hatte Paris sechs davon und wer über Paris von Norden nach Süden wollte, musste den Bahnhof wechseln. Das ist heute noch so. Denn nur die Stadt Bonn ist so bescheuert, die Stadt mit Eisenbahngleisen in zwei Teile zu schneiden. Den Strom der Reisenden zu organisieren, war eine der ersten Überlegungen. Die zweite waren die Schaffung großer Achsen: von Osten nach Westen, die Rue de Rivoli und von Norden nach Süden den Boulevard de Sébastopol, der vom Boulevard Saint Michel fortgesetzt wird.

Die nächste Idee ist eine Systematisierung der Bebauung. Nicht uniform soll es werden, sondern homogen und elegant. Einige Regeln müssen beachtet werden, danach ist die Ausgestaltung frei. Im Erdgeschoß sind Läden und Geschäfte vorgesehen darüber ein Zwischengeschoss. Es sind schmiedeeiserne Balkone zu bauen. Alle Gebäude stehen schön in einer Reihe und die Fenster bitte bodentief wie bei den châteaux, den Schlössern. Das erklärt, warum jeder, der mal in Paris gewohnt hat, sich mit jedem anderen Wohnsitz ein bisschen degradiert vorkommt. So zu wohnen ist ein königliches Gefühl. Und das erklärt auch, warum man sich in Paris besser ordentlich anzieht. Eine Jogginghose ist einem derartig schlossähnlichen Umfeld einfach deplatziert, nicht wahr meine Teure. Die Etage unter dem Dachgeschoss muss noch einer Regel genügen: Sie ist im Verhältnis zum Rest der Fassade zurückgenommen, damit mehr Licht und Luft in die Straße gelangt. Behauener Sandstein ist als Baumaterial vorgesehen und die Dächer sind verzinkt. Aus dieser Kombination entsteht das besondere Licht in Paris und eine Optik, bei der man mit einem Blick sieht, wo man sich befindet, so einzigartig ist sie.

We were visiting Paris as so many times before as it’s my wife’s hometown. It was a lazy Friday, a beautiful summer day in July. We didn’t have any fixed agenda for the evening. Just enjoying the beautifully warm afternoon sun light, we decided to start our little tour in the Latin Quarter. We just had parked the car next to the Jardin du Luxembourg when I stood there in the middle of the streets and spontaneously fell in love with that scenery.
Photo by Andreas Selter / Unsplash

Mit der Rue de Rivoli wird Haussmann gerade noch rechtzeitig zur Weltausstellung 1855 fertig und präsentiert der Welt eine drei Kilometer lange Ost-West-Arterie.

Achtzehn Jahre lang ist Paris eine Baustelle. 20.000 Häuser werden mit der Spitzhacke zertrümmert. Kein Kran, keine Maschine, es wird alles mit Menschenkraft gemacht. Eine Baustelle ist die B9 in Bonn seit meinem Abitur 1983 auch.

Entstanden ist eine der schönsten Städte der Welt mit der Absicht Leute mit Geld zu beherbergen. In den schönen Sandsteinhäusern gibt es zwei Wohnsysteme. Es gibt einen Haupteingang mit breiter Treppe und später mit Aufzug. Etwas versteckt ist dann der Nebeneingang mit der Dienstbotentreppe, auch später ohne Aufzug. Von dieser Treppe aus kann man unauffällig die Wohnung der Arbeitgeber betreten und ebenso unauffällig wieder verschwinden. Denn unauffällig sein ist die größte Tugend der Dienstboten. Die Treppe führt in die sechste und siebte Etage, wo unter dem Dach das Personal untergebracht ist. Unter den schönen Zinkdächern wird es im Sommer sehr heiß und im Winter sehr kalt. Ich habe dort gewohnt in meinen beiden Jahren in Paris. Und ich war die Dienstbotin. Einmal habe ich im sechsten Stock ohne Aufzug gewohnt, einmal im siebten. Einmal auf acht Quadratmetern, einmal auf zehn. Ich fand es schön, aber als Lebensraum für ein ganzes Leben?

Was aber für alle da ist und gratis, ist die Schönheit des öffentlichen Raums. Paris und viele andere Städte in Frankreich verbinden Himmel, Erde und Architektur schöner als jedes andere Land, das ich kenne. Ich genieße es besonders, denn ich komme aus einer Stadt, deren Skyline von einer Müllverbrennungsanlage gestaltet wird.

PS: Liebe LuL, mein Heimkino besteht im Moment aus Youtube-Reportagen. Diese habe ich gestern gefunden. Sie ist auf französisch, aber die Bilder sind so fantastisch, dass sich das Ansehen auch lohnt, wenn man nicht alles versteht. Mein Post von heute nimmt nur einen Bruchteil der Informationen auf. Wenn euch der Rest auch interessiert, dann lasst es mich wissen und ich mache nächste Woche weiter.

Hildegard Wichmann

Hildegard Wichmann

Read more posts by this author.

Bonn