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Heute: Grobi

This trip was interesting because my sleeping arrangement didn’t workout, so for a week I slept on a random dorm mattress, and used my camera bag as a pillow.
Photo by Ryan Jacobson / Unsplash

Grobi weiß nicht weiter

Ich habe elf Jahre Fahrradtechnik an einem Kölner Berufskolleg unterrichtet. Nie vorher und nie nachher habe ich etwas so gerne gemacht. Diese Klassen und ich haben einfach perfekt zusammengepasst.

Wir haben gut gelernt und viel gelacht in den zwei Jahren der Ausbildung. Alle in meinen Klassen waren völlig fahrradverrückt und die meisten von ihnen haben sich aus dieser Leidenschaft eine tragfähige Zukunft gestrickt. Was aus Grobi, so lautete sein Spitzname, geworden ist, weiß ich leider nicht. Er war sechzehn, als ich ihn kennen lernte.

Schbin ein Asi aus Wesseling. Schkann keine Referate halten,

war seine Selbstdefinition.

Titelbild des Buches Isch hab Geisterblitz von Phillipp Möller

Wie sich herausstellte konnte er es doch, nachdem er mit riesigen weißen Turnschuhen und einer weißen Bomberjacke nach vorne gesneakt war. Seine Show über Rahmengeometrie war so gut, dass er lauten und langen Applaus von der Klasse bekam. Das Erstaunen darüber in seinem Gesicht hat mich sehr berührt. Es hat noch einen fragenden Blick und ein Nicken gebraucht, bis er verstanden hat, dass das SEIN Applaus war.

In seinem ersten Lehrjahr hat er bei einem Projekt mitgemacht, das jährlich im Herbst stattfand. Die Polizei hielt die Fahrradfahrer an und prüfte das Licht. Die Fahrradmonteur/-innen machten dann kleinere Reparaturen vor Ort. Da die Aktion bis in den späten Nachmittag dauerte, bekamen die SuS von Schul- und Klassenleitung eine Belohnung für ihren Einsatz. Sie bekamen einen Joker. Die älteren SuS wussten sofort, was das bedeutete und mochten es.

Grobi hörte die Nachricht und verstand den Begriff Joker zunächst nicht. Auch andere hatten noch Erklärungsbedarf. In solchen Fällen habe ich dann kurz die Klasse verlassen. Wenn ich wiederkam, war meist alles geklärt. An diesem Tag nicht.

Frau Wischmann....

Ja?

Zu Hause bleiben kann ich an dem Tag nicht, meine Eltern werden das nicht gut finden...

Hmm..

In den Betrieb kann ich auch nicht...

Stimmt.

WO SOLL ICH DENN DANN HIN?

brach es voller Verzweiflung aus ihm heraus.

Zum Daddeln in den Kaufhof?

Er sah an meinem Grinsen, dass ich das nicht ernst meinte. Am Ende einigten wir uns darauf, den Joker noch ein Jahr aufzuheben und dann noch einmal darüber zu reden.

Grobi ist fassungslos

Im darauffolgenden Winter war ich entweder zu faul oder zu geizig, um meine blonden Strähnchen nachfärben zu lassen. Einen Termin bei einer meiner Lieblingsfriseurinnen zu bekommen, war schon nicht so einfach. Beide entweder schwanger oder Meisterschule oder Elternzeit... Und alles ohne mich zu fragen.

Dann dauert diese Prozedur einen ganzen Vormittag und teuer ist es auch noch. Mir selber verkaufe ich es mit: Ich möchte einfach mal wissen, wie ich mal gemeint war. Sieht aber leider gar nicht gut aus, wie ich mal gemeint war. Meine im Winter mittel- bis dunkelblonden Haare werden grau und diese völlig natürliche Mischung lässt mich trotz Make-up blass und ungesund aussehen. Also mache ich doch irgendwann einen Termin und komme am Montag frisch gesträhnt, geschnitten und geföhnt gut gelaunt in die Schule.

Photo by Keren Perez / Unsplash

Meine Kollegen an diesem Berufskolleg für fahrzeugtechnische Berufe merken so etwas nicht, meine SuS sofort. Grobi hat Informationsbedarf:

Sie waren beim Friseur, oder Frau Wischmann?

Ja.

Gefärbt?

Strähnen heißt so was.

Voll kompliziert, oder?

Allerdings.

Ist das teuer?

Sehr.

Wieviel?

Mit Haarschnitt und Trinkgeld: 120 Euro.

Und wieder bricht es aus ihm heraus:

HUNDERTZWANZIG CHEESEBURGER?

Das ist also seine Währung. Seit ich die Hütte in Mon Village gekauft habe, rechne ich in Mittelklassewagen, Heinz rechnet in Heringen, jedem das seine. Grobi erkläre ich, dass ich die 120 Cheeseburger lieber auf dem Kopf als an den Hüften habe. Das versteht er.

Sie sind ja auch eine Frau.

Hildegard Wichmann

Hildegard Wichmann

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